Zwei grosse Änderungen im Anstellungsverhältnis des Kantons Zürich

31. März 2023
Per 1. Oktober 2022 haben zwei zentrale Institute des Personalrechts des Kantons Zürich wesentliche Änderungen erfahren. Einerseits wurde das Verfahren der Kündigung bei mangelhafter Leistung und unbefriedigendem Verhalten verschlankt und andererseits wurden die Ansprüche auf Abfindung bei unverschuldeter Entlassung reduziert.

Neuerungen bei der Kündigung wegen mangelhafter Leistung und unbefriedigendem Verhalten

Bekanntermassen setzt die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses beim Kanton Zürich einen sachlich zureichenden Grund voraus und sie darf nicht missbräuchlich nach den Bestimmungen des Obligationenrechts sein (§ 18 Abs. 2 Personalgesetz [PG], LS 177.10). Ein sachlicher Grund liegt u.a. bei mangelhafter Leistung oder unbefriedigendem Verhalten vor (§ 16 lit. a Vollzugsverordnung zum Personalgesetz [VVO], LS 177.111). Um von mangelhafter Leistung oder unbefriedigendem Verhalten im Sinne der genannten Bestimmungen ausgehen zu dürfen, schrieb das alte Recht ein aufwändiges Verfahren vor, das zwingend zwei Mitarbeiterbeurteilungen und lange Bewährungsfristen (bis zum zweiten Dienstjahr drei Monate danach in der Regel sechs Monate) verlangte (§ 19 aPG).

Neu braucht es keine Mitarbeiterbeurteilung mehr und die zu gewährende Frist zur Verbesserung beträgt maximal drei Monate. Die Arbeitgeberin ist vor dem Aussprechen einer Kündigung aufgrund mangelnder Leistung oder unbefriedigendem Verhalten aber nach wie vor verpflichtet, den Sachverhalt festzustellen und gestützt darauf eine Mahnung verbunden mit einer Frist zur Verbesserung auszusprechen (§ 19 PG). Sollte bereits im Zeitpunkt der Mahnung feststehen, dass die Frist zur Verbesserung ihren Zweck nicht erfüllen wird, kann darauf verzichtet werden (§ 19 PG und § 18 Abs. 1 VVO). Letzteres stellt keine grundsätzliche Neuerung dar. Der Verzicht auf die Bewährungsfrist war unter den gleichen Voraussetzungen bereits nach altem Recht möglich.

Verkürzung der Frist zur Verbesserung

Das Gesetz sieht neu eine maximale Frist von drei Monaten zur Verbesserung vor. Grundsätzlich wäre damit auch eine kürzere Frist möglich und denkbar, nicht aber eine Verlängerung oder Gewährungeiner weiteren Chance im Einzelfall.

Der Kanton muss seinen Mitarbeitenden gemäss Verfassung und Gesetz ein faires, willkürfreies Verfahren garantieren, welches nicht übereilt eingeleitet und durchgeführt wird. Dieser Anspruch wird durch die Gewährung einer zweiten Chance mit der Frist zur Verbesserung grundsätzlich erfüllt (§ 19 PG). Es stellt sich aber die Frage, ob eine Frist von maximal drei Monaten für eine Verbesserung von Leistung oder Verhalten in jedem Falle ausreichend ist. Für die Festlegung der Dauer der Verbesserungsfrist kommt es darauf an, welche Leistungen in Frage stehen und ob die bemängelten Leistungen oder das zu korrigierende Verhalten zuvor schon (mehrmals) thematisiert bzw. gerügt worden sind. Weiter zuberücksichtigen sind die Fürsorgepflichten der Arbeitgeberin und was sie in deren Rahmen bereits vorgekehrt hat. […]

Eine schriftliche Mahnung statt zwei Mitarbeiterbeurteilungen

Die schriftliche Mahnung und das Ergebnisgespräch legen den Fokus auf die zu behebenden Mängel bzw. die Ziele, die Bewertungsparameter und das Vorgehen. Das Personalamt des Kantons Zürich stellt für die Durchführung des Mitarbeitergesprächs und die schriftliche Mahnung sowie für das zweite Gespräch nach Ablauf der Frist zur Verbesserung je ein Formular zur Verfügung. Zudem hat es das Verfahren in einem Leitfaden erläutert und in vier Schritten dargestellt. Bei sorgfältiger Verwendung der Formulare und Beachtung der empfohlenen vier Schritte, ist das neue Verfahren übersichtlicher und besser strukturiert und gibt sowohl den Personalverantwortlichen als den betroffenen Arbeitnehmenden ein klares Verständnis von den zu verbessernden Mängeln bzw. den zu erreichenden Zielen.

Verzicht auf die Frist zur Verbesserung

Auch nach neuem Recht ist es möglich, auf das Ansetzen einer Frist zur Verbesserung zu verzichten, sofern die strengen Voraussetzungen von § 18 Abs. 1 VVO erfüllt sind. Dabei entfällt die bisher notwendige Zustimmung der Direktion oder des obersten kantonalen Gerichts (vgl. § 18 Abs. 3 aVVO). […]

Änderung des Abfindungsanspruchs

Die zweite grosse Änderung bezieht sich auf den Anspruch auf Abfindung bei unverschuldeter Entlassung. Der Kantonsrat hat zusammen mit den Änderungen zum Kündigungsverfahren auch die Reduktion der maximal möglichen Abfindung von bisher 15 auf neu 9 Monatslöhne beschlossen. Mit der Reduktion möchte man vor allem Kosten sparen und eine Angleichung an den Bund und andere Kantone vornehmen.  Nicht verändert wurden die grosszügigen Voraussetzungen, unter denen eine Abfindung gewährt wird (Arbeitnehmende/r ist mindestens 35-jährig, fünf Dienstjahre, unverschuldeter Stellenverlust).

Im Zuge der Gesetzesänderung wurde der Rahmen, in dem die Abfindung gewährt wird, neu festgelegt. Neu erfolgt die Unterteilung nach Alter nur noch in zwei Kategorien und auch das Kriterium Dienstalter wurde neu auf drei Zeiträume von je neun Jahren beschränkt (§ 16g Abs. 2 VVO).

Praxisgemäss ist bei der Festsetzung der Abfindung vom Mindestbetrag auszugehen. Eine Erhöhung des Mindestbetrags ist möglich, wenn bei der oder dem betroffenen Arbeitnehmenden Erhöhungsgründe vorliegen, die sich gemäss dem neuen Wortlaut von § 16g Abs. 3 VVO in den persönlichen Verhältnissen, den Arbeitsmarktchancen und in den Umständen des Stellenverlustes finden lassen. Nicht mehr ausdrücklich erwähnt werden allfällige Unterstützungspflichten und die finanziellen Verhältnisse. Sie fallen aber nicht weg, sondern gehören mit zu den persönlichen Verhältnissen und sind unter diesem Punkt entsprechend miteinzubeziehen. […]

Neu wird zudem die ständige Praxis, Abfindungen längstens bis zum Erreichen der Altersgrenze von 65 Jahren auszurichten, ausdrücklich in der Personalverordnung geregelt (§ 7 PVO). Dies weil ab dem Erreichen der Altersgrenze von 65 Jahren das Arbeitsverhältnis von Gesetzes wegen endet (§ 24c Abs. 1 PG) und die Leistungen der 1. und 2. Säule der beruflichen Vorsorge bezogen werden können. Mit dem Eintritt ins Pensionsalter wird der Zweck der Abfindung, die Härten des Stellenverslusts abzufangen und eine (Re)Integration in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen, hinfällig. Die Regel dient zudem der Rechtsgleichheit, denn Arbeitnehmende, deren Arbeitsverhältnis mit Erreichen der Altersgrenze von 65 Jahren von Gesetzes wegen endet, haben ebenfalls keinen Anspruch auf eine Abfindung (§ 26 Abs. 3 PG).  

Die Abfindung kann grundsätzlich als Einmalzahlung oder nach Wahl der oder des Arbeitnehmenden in Form einer Anstellungsverlängerung bei gleichzeitiger Freistellung gewährt werden (§ 26 Abs. 6 PG). Klargestellt wurde in § 17 Abs. 2 VVO nun, dass die Wahl einer Anstellungsverlängerung aus Abfindung nur möglich ist, wenn diese noch vor Ende des Anstellungsverhältnisses vereinbart werden kann. Sollte sich eine Kündigung nachträglich als unrechtmässig erweisen und eine Abfindung geschuldet sein, kann diese nur noch als Einmalzahlung ausgerichtet werden. Unverändert gilt, dass die Wahlmöglichkeit auch dann entfällt, wenn die oder der Arbeitnehmende weiterbeschäftigt wird oder bereits feststeht, dass eine neue Stelle gefunden wurde (vgl. § 26 Abs. 6 Satz 3 PG). […]

Dieser Beitrag ist ein Auszug aus der Publikation im iusnet AR-SVR 03/2023. Den vollständigen Artikel finden Sie hier.

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